Teslas Steuertricks: Produktion in Deutschland, Steuern anderswo
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Tesla produziert hunderttausende Fahrzeuge in Brandenburg - doch der Fiskus sieht wenig davon. Wie der Konzern mit ausgeklügelten Strukturen Steuern spart und warum Experten kritische Fragen stellen.
Tesla in Deutschland - ein industrieller Meilenstein mit steuerpolitischem Beigeschmack
Als im März 2025 das 500.000. Fahrzeug vom Band der Tesla-Gigafactory in Grünheide rollte, war das nicht nur ein symbolträchtiger Moment für das Unternehmen, sondern auch für die deutsche Industriepolitik. Das Werk nahe Berlin, mit Milliardenaufwand aufgebaut, soll Deutschland als führenden Standort für Elektromobilität positionieren. Doch hinter dem industriellen Glanz steckt eine Schattenseite: Der deutsche Fiskus profitiert erstaunlich wenig von den sprudelnden Gewinnen - trotz enormer Produktionsvolumina und Wertschöpfung im Inland.
Die Frage lautet daher: Wie kann ein Unternehmen in Deutschland Milliarden umsetzen, aber nur einen Bruchteil davon versteuern?
Gigafactory Grünheide: Zahlen, Daten, wirtschaftliche Bedeutung
Mit einer geplanten Jahreskapazität von rund 500.000 Fahrzeugen und Tausenden Arbeitsplätzen zählt die Tesla-Fabrik zu den größten industriellen Investitionen der letzten Jahrzehnte in Deutschland. Allein im Jahr 2023 lag der Umsatz der Gigafactory bei etwa 7,8 Milliarden Euro. Die Bedeutung für die Region ist immens: neue Jobs, Zulieferbetriebe, Infrastrukturmaßnahmen. Doch wirtschaftlicher Glanz allein reicht nicht, wenn gleichzeitig der steuerliche Beitrag zu wünschen übrig lässt.
Denn wie nun deutlich wird, liegt Teslas effektiver Steueranteil in Deutschland weit unter dem, was gemeinhin als fair gelten würde - besonders im Verhältnis zu Umsatz und wirtschaftlichem Footprint.
Steueroptimierung durch Auftragsfertigung: So funktioniert das Modell
Im Zentrum des Konstrukts steht ein unscheinbarer, aber äußerst wirkungsvoller Vertrag: Die Tesla Manufacturing Brandenburg SE (TMBS) produziert nicht im eigenen wirtschaftlichen Interesse, sondern im Auftrag der Tesla Motors Netherlands (TMN), einer niederländischen Tochtergesellschaft.
Das bedeutet: TMBS erhält für jedes produzierte Fahrzeug nur die reinen Produktionskosten erstattet - zuzüglich einer sehr kleinen Marge. Diese Marge deckt kaum mehr als die Betriebskosten. Gewinne? Fast keine. Und genau das ist der steuerpolitische Clou: Die Gewinne fallen dort an, wo die Marge festgelegt wird - in den Niederlanden.
So verwundert es kaum, dass dem gigantischen Umsatz von 7,8 Milliarden Euro im Jahr 2023 fast ebenso hohe Ausgaben gegenüberstanden. Der offiziell verbleibende Gewinn von rund 80 Millionen Euro führte zu einer Steuerzahlung von lediglich 26,2 Millionen Euro - Peanuts, verglichen mit der wirtschaftlichen Leistung.
Internationale Konzernstruktur: Ein Netzwerk mit Steuerintelligenz
Tesla hat in Europa ein feinmaschiges Netz aus Tochterfirmen aufgebaut. Allein in den Niederlanden existieren sieben Tesla-Unternehmen, darunter TMN, die faktische Drehscheibe für alle europäischen Geschäfte. Die dort angesiedelten Gesellschaften bündeln nicht nur die Einnahmen aus Auftragsfertigungen, sondern agieren offenbar auch als Lizenz- und Rechteverwalter - ein typisches Element internationaler Steueroptimierungsmodelle.
Die Struktur erinnert stark an das bekannte Dutch Sandwich-Modell: Gewinne aus Hochsteuerländern wie Deutschland werden über die Niederlande weitergeleitet, teilweise an Holdings in Steueroasen. In Teslas Fall spielt dabei seit Anfang 2025 eine neue Firma eine Schlüsselrolle: die VESPB Global GmbH mit Sitz in Zug, Schweiz. Der Kanton Zug gilt als steuerlich äußerst attraktiv - der Körperschaftssteuersatz beträgt dort nur rund 11,8 Prozent. Zudem entfällt die Pflicht zur Offenlegung von Geschäftsberichten.
Steuerlast vs. Umsatz - ein Missverhältnis mit System
Das Beispiel TMBS ist symptomatisch: Ein Konzern, der sich an europäische Steuerstandorte optimal anpasst. Die eigentliche Wertschöpfung - Fertigung, Arbeitsplätze, lokale Infrastruktur - passiert in Deutschland. Doch die Gewinne werden dorthin verschoben, wo sie niedriger versteuert oder gar nicht veröffentlicht werden müssen.
Im Jahr 2023 betrug der Gewinn der niederländischen TMN lediglich 300 Millionen Euro - bei einem Umsatz von 26 Milliarden. Die daraus resultierende Körperschaftsteuer: 101 Millionen Euro. Was auf den ersten Blick wie ein ordentlicher Steuerbeitrag erscheint, wird bei genauerem Hinsehen zur Farce, denn die wahren Kosten der Steuervermeidung liegen nicht nur in entgangenen Einnahmen, sondern auch in der systematischen Aushöhlung nationaler Steuersysteme.
Kritik von Experten: Wo bleiben Transparenz und Fairness?
Steuerexperten schlagen Alarm. Besonders auffällig: Die Jahresabschlüsse der niederländischen TMN geben kaum Details über Ausgaben preis. Nur ein einziger Block wird genannt: Automobil, der für 99,9 Prozent der Ausgaben stehen soll. Der Rest - Dienstleistungen, Lizenzen, interne Verrechnungen - bleibt im Dunkeln. Warum das problematisch ist? Weil genau dort die Hebel der Gewinnverlagerung liegen.
Ein früherer PwC-Bericht von 2014 erwähnt bereits extrem hohe abzugsfähige Zahlungen an andere Tesla-Gesellschaften - vermutlich Lizenzgebühren für Technologie, Know-how oder Markenrechte. Solche konzerninternen Transaktionen sind oft schwer überprüfbar und bieten breite Spielräume für Steuerverlagerungen - legal, aber höchst umstritten.
Steuervermeidung oder Steuerhinterziehung? Eine ethische Debatte
Rechtlich betrachtet bewegt sich Tesla auf legalem Terrain. Steuervermeidung ist nicht strafbar - sie nutzt lediglich vorhandene Lücken im System. Doch genau darin liegt die Crux: Das internationale Steuerrecht ist veraltet, nationalstaatlich geprägt und nicht darauf ausgelegt, mit global agierenden Technologiekonzernen Schritt zu halten.
Die moralische Bewertung fällt entsprechend kritischer aus: Unternehmen profitieren von öffentlichen Infrastrukturen, Fachkräften und Subventionen - entziehen sich aber der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung, wenn es um die Finanzierung dieser Leistungen geht.
Kein Einzelfall: Was Apple, Amazon & Co gemeinsam haben
Tesla steht nicht allein. Multinationale Konzerne wie Apple, Google, Amazon oder Meta nutzen ähnliche Modelle. Ob Irland, Luxemburg, Bermuda oder Zug - wer global agiert, kennt die steuerlich günstigsten Anlaufstellen. Die Leidtragenden sind meist die Länder mit hohen Sozialstandards, starken Bildungssystemen und transparenter Finanzpolitik.
Diese Strategien verschärfen die soziale Ungleichheit, schwächen das Vertrauen in Politik und Institutionen - und führen zu einem globalen Steuerwettbewerb, bei dem nur die Größten gewinnen.
Reformdruck steigt - doch was ist realistisch?
Die EU hat in den letzten Jahren erste Schritte unternommen: Mit der Einführung von Mindeststeuersätzen, der Transparenzpflicht für große Unternehmen und der Idee einer einheitlichen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage. Doch der Weg zu echter Fairness ist lang. Solange jedes Land versucht, durch Steuervorteile Investoren zu locken, wird das System ausgenutzt - legal, aber folgenreich.
Ein Schlüssel könnte in internationalen Vereinbarungen liegen - wie die globale Mindeststeuer der OECD. Doch auch hier gibt es Hintertüren, Ausnahmen und politische Widerstände.
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