Pendlerfrust im Taunus: Wasserstoffflotte scheitert, Dieselzüge gesucht
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Das Wasserstoffzug-Projekt im Taunus droht zu scheitern. Technische Probleme und die Unzuverlässigkeit der Züge setzen Pendler und Betreiber unter Druck. Hersteller Alstom verspricht Besserung, doch RMV und Fahrgäste sind frustriert.Das Taunusnetz sollte eigentlich die Vorzeigebühne für emissionsfreien Nahverkehr in Deutschland werden. Mit der weltweit größten Wasserstoffzug-Flotte sollte die Region auf eine neue Ära des öffentlichen Personennahverkehrs vorbereitet werden. Stattdessen steht das Prestigeprojekt vor dem Scheitern. Hersteller Alstom kämpft mit massiven technischen Problemen, der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) ringt mit Notfahrplänen, und die Pendler sind frustriert. Immer wieder steht der Betrieb still, während Dieselzüge und Busse das Loch stopfen müssen. Nun wird sogar eine Rückkehr zu Dieselzügen diskutiert, während die Versprechen von Alstom unhaltbar erscheinen.
Wasserstoff als Zukunftstechnologie - eine gescheiterte Vision?
Die ursprüngliche Idee klang revolutionär: Mit Wasserstoff betriebene Züge sollten eine saubere, geräuscharme und nachhaltige Alternative zu Dieselzügen bieten. Sie sollten beweisen, dass die Brennstoffzellentechnologie den öffentlichen Nahverkehr nicht nur emissionsfrei, sondern auch effizient gestalten kann. Doch das Experiment droht im Desaster zu enden.
In den Hochtaunus-Kommunen herrscht Unmut. Das Wasserstoffzug-Projekt, das als Innovation gefeiert wurde, hat die Erwartungen bei weitem nicht erfüllt. Von den hochgelobten Coradia-iLint-Zügen, die der französische Hersteller Alstom entwickelt hat, stehen die meisten aufgrund technischer Probleme im Depot. Pendler müssen stattdessen auf einen Notfahrplan vertrauen, der von Bussen und Dieselzügen notdürftig gestützt wird. Im Taunusnetz, das eigentlich Modellregion für den modernen ÖPNV sein sollte, ist momentan nur auf eines Verlass: auf die Unzuverlässigkeit des Betriebs.
Politischer Druck: Konsequenzen gefordert
Der Frust in der Region ist inzwischen so groß, dass der RMV und politische Vertreter wie Landrat Ulrich Krebs (CDU) Konsequenzen fordern. Krebs, der auch Aufsichtsratsvorsitzender des RMV ist, zeigt sich sichtlich verärgert: ,,Die Belastungen der Reisenden durch ständige Ausfälle sind nicht mehr hinnehmbar." Er deutet sogar an, dass es nicht ausgeschlossen sei, den Vertrag mit Alstom - ein auf 25 Jahre angelegtes Projekt mit einem Gesamtvolumen von rund 500 Millionen Euro - aufzukündigen. Dies wäre eine drastische Maßnahme, doch angesichts der aktuellen Probleme erscheint sie immer realistischer.
Die rechtlichen Hürden für eine Kündigung sind hoch, doch laut Krebs wird zumindest über eine ,,Exit-Strategie" nachgedacht. Der RMV hält sich dazu bedeckt, verweist aber darauf, dass Alstom verpflichtet sei, für einen reibungslosen Betrieb zu sorgen und die vertraglich vereinbarten Zugleistungen zu erbringen. Bisher steht der französische Hersteller allerdings mehr in der Kritik als dass er Lösungen liefert.
Technische Probleme und deren Ursachen
Die Liste der technischen Probleme, die die Coradia-iLint-Züge plagen, ist lang. Zunächst sprechen Alstom und der RMV von Materialengpässen, insbesondere bei Ersatzteilen aus Nordamerika. Doch das größte Problem scheint tiefer zu liegen: Die Brennstoffzellen der Züge funktionieren nicht wie vorgesehen. Diese Brennstoffzellen sind das Herzstück des wasserstoffbetriebenen Antriebs und sollen die Energie liefern, die normalerweise von einem Diesel- oder Elektromotor käme. Doch diese Technologie ist ,,offenkundig grundlegend unzuverlässig", wie Landrat Krebs feststellt.
Eine unzureichende Funktionalität der Brennstoffzellen führt zu ständigen Ausfällen. Alstom selbst gibt sich zerknirscht und verspricht Besserung. ,,Wir bedauern die Querelen außerordentlich", sagt ein Unternehmenssprecher. Um die Probleme zu beheben, hat Alstom bereits angekündigt, das Werkstatt-Personal aufzustocken und die technische Betreuung der Züge zu intensivieren. Zudem sollen ab 2025 Hardware-Komponenten erneuert und Software-Updates aufgespielt werden. Doch das ist für die derzeitigen Pendler im Taunus wenig tröstlich. Viele haben das Vertrauen in die Züge und den RMV längst verloren.
Feldtests und die Frage nach der Zukunft der Brennstoffzelle
Experten äußern sich kritisch zum Vorgehen des RMV und Alstom. Professor Enno Wagner, Leiter des Labors für Brennstoffzellentechnik an der Frankfurt University of Applied Sciences, sieht in der Wasserstofftechnologie zwar grundsätzlich Potenzial, kritisiert jedoch die überhastete Einführung. ,,Busse oder Züge mit Wasserstoff zu betreiben ist grundsätzlich sinnvoll, aber die Technologie ist noch nicht ausgereift. Es sind umfassende Feldtests notwendig, bevor man eine ganze Flotte umstellt", betont Wagner.
In Norddeutschland, wo Wasserstoffzüge bereits im Einsatz sind, gibt es Erfahrungswerte, doch diese gelten nicht uneingeschränkt für den Taunus, der durch seine gebirgige Topografie besondere Herausforderungen für den Zugbetrieb darstellt. Experten wie Wagner fordern, dass die Technologie weiterentwickelt wird, bevor sie großflächig eingesetzt wird.
Dieselzüge: Rückschritt oder Notwendigkeit?
Angesichts der unzuverlässigen Wasserstoffzüge ist der RMV gezwungen, Alternativen zu prüfen. Eine davon ist die Rückkehr zu Dieselzügen. Dies wäre ein bitterer Rückschlag für ein Projekt, das eigentlich auf Innovation und Nachhaltigkeit setzte. Doch der Markt für Dieselzüge ist ausgedünnt. Laut RMV gibt es kaum noch Anbieter, die Dieselzüge herstellen, und viele der stillgelegten Fahrzeuge, die noch verfügbar wären, benötigen umfassende Wartungen, bevor sie wieder in Betrieb genommen werden könnten.
Das bedeutet, dass selbst eine Kündigung des Alstom-Vertrags nicht sofortige Abhilfe schaffen würde. Der RMV wäre weiterhin auf Notfahrpläne und Ersatzverkehre angewiesen, während neue Dieselzüge oder eine andere Alternative beschafft werden müssten. Das ist keine Lösung, die die Pendler in naher Zukunft entlasten würde.
Keine Schuldzuweisungen, aber viele Fragen
Die Schuld am Scheitern des Projekts wird nicht nur Alstom zugeschoben. Auch der RMV selbst steht in der Kritik. Die Tochtergesellschaft des RMV, die die Züge beauftragt hat, hat nach Ansicht von Kritikern Fehler gemacht. Es gab keine Werkstätten im Taunus, um die Züge vor Ort zu warten, und auch die notwendige Wasserstoff-Infrastruktur war nicht vorhanden. Der Fahrgastverband Pro Bahn äußert deutliche Kritik: ,,Der RMV wollte mit der größten Wasserstoffflotte der Welt glänzen, ohne einen Plan B für den Fall zu haben, dass die Technologie nicht wie gewünscht funktioniert."
Der RMV sieht sich dennoch weiterhin als Befürworter der Wasserstofftechnologie. Es wird darauf verwiesen, dass auch andere Hersteller auf Brennstoffzellenantrieb setzen und die Technologie in anderen Regionen durchaus erfolgreich ist. Doch die Realität im Taunus sieht anders aus. Für die Pendler, die auf verlässliche Verbindungen angewiesen sind, ist der Frust enorm.
Wasserstoffbusse als positive Ausnahme?
Ein Hoffnungsschimmer bleibt: In Frankfurt haben sich Wasserstoffbusse bewährt. Die Verkehrsgesellschaft Traffiq setzt derzeit 23 Brennstoffbusse ein und plant, diese Zahl bis 2030 auf 120 zu erhöhen. Die Busse haben eine höhere Reichweite als batterie-elektrische Busse und sind im Fahrkomfort auf Augenhöhe mit Dieselbussen. Das zeigt, dass die Technologie im Prinzip funktionieren kann - aber Züge scheinen anspruchsvollere Anforderungen an die Brennstoffzellen zu stellen.
Was denken Sie? Ist die Wasserstofftechnologie eine Fehlinvestition, oder könnte sie mit weiteren Anpassungen doch noch die Zukunft des Nahverkehrs werden? Teilen Sie Ihre Meinung in den Kommentaren!
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